Geschichte

Die Geschichte unseres Hauses liegt – was genaue Datierungen betrifft – (noch) weitgehend im Dunkeln. Freilich ist dies nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass ich bisher noch keine Zeit zu nachhaltigen Recherchen z. B. in Staatsarchiven fand. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Thema „Bauernhäuser“ und einzelnen baulichen Details unseres Hauses lassen jedoch cum grano salis vorerst bestimmte Erkenntnisse bzw. Vermutungen zu.

Das Anwesen liegt am Südhang des Pielenhofener Berges, eines Teilstücks des so genannten Käferberges, in erhöhter, hochwassersicherer Lage. Der heute vollständig mit einem Laubmischwald mit deutlichem Schwarzkiefernanteil bewachsene Käferberg diente bis ins 19. Jahrhundert als Schafweide. Ein zu unserem Anwesen gehörendes Feld trägt noch heute den Beinamen „Schafbuckelacker“. Bereits die exponierte Lage deutet darauf hin, dass es sich bei dem Haus um einen der ältesten Bestandteile der Siedlung handeln könnte, da die Naabstrasse selbst erst im späterer Zeit durch Aufschüttungen und landschaftliche Maßnahmen trockengelegt und damit einer Bebauung zugänglich gemacht wurde (obwohl sie noch heute bei Hochwasser regelmäßig überschwemmt ist). Die ältesten Baudenkmale an der Naabstrasse, d. h. direkt am Flussufer, datieren von 1795. Wohl bis in das 18. Jahrhundert muss das Grundstück daher trotz seiner erhöhten Lage beinahe unmittelbar am Fluss gelegen haben. Auch heute noch ist im Grundbuch für unser Haus ein altes Gemeinderecht eingetragen, welches es den Bewohnern von Pielenhofen erlaubt, bei Hochwasser den Weg über unser Hausgrundstück zum Käferberg zu nehmen.

Das Gebäudeensemble besteht, wie aus den an anderer Stelle verfügbaren Gesamtansichten [Link] ersichtlich, aus einem giebelständigen, d. h. giebelseitig erschlossenen Haupthaus mit nördlich unmittelbar längs anschließenden Stallungen. Die Gesamtansicht des Hauses vermittelt daher insbesondere von Osten den Eindruck eines Dreiseithofes mit „vergessenem“ Innenhof. Hinsichtlich der Ästhetik der Proportionen ist vielleicht interessant, dass in dem alten Bauensemble die Stallungen exakt halb so breit und exakt um ein Fünftel länger sind als das Haupthaus. Auf dem Grundstück befanden sich neben dem Haus und dem Stall zu verschiedenen Zeiten weitere kleine Wirtschaftsgebäude, die jedoch im Laufe der Geschichte des Hauses entweder abgerissen oder neuen Nutzungen, z. B. als Garage, zugeführt wurden und - soweit Umbauten überwiegend der 70er Jahre betroffen sind - aufgrund ihrer ausschließlich nach vermeintlichen Gesichtspunkten der Praktikabilität ausgerichteten Gestaltung (mit anderen Worten: aufgrund ihrer enormen ästhetischen Entgleisung) spätestens nunmehr rückgebaut wurden. Auch sind aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einige kleinere Baumaßnahmen am Haus selbst dokumentiert, die jedoch sämtlich nicht wesentlich in die Bausubstanz eingegriffen haben.

Ausweislich von Kreidezeichnungen und Datierungen auf einigen Balken der Dachkonstruktion des Hauses - ein tief gezogenes, teilweise auf einem schlichten, wohl ab dem 19. Jahrhundert grün gestrichenen, ursprünglich jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit materialsichtigen Fachwerk mit Ausfachungen aus Bruchsteinen lagerndes Halbwalmdach (auch Schopfdach genannt) - wurde der Dachstuhl bereits im Jahre 1889 umfangreich saniert.

[Befund grüner Farbe an Teilen des Fachwerks]
[Kreidezeichnungen der Zimmerer zeugen von einer Renovierung des Dachstuhl im Jahre 1889]

Die Tatsache, dass die Giebelmauern im Dachgeschoss ebenfalls - wie sämtliche tragenden Teile des Hauses - aus Kalkbruchsteinen aus dem Oberpfälzer Jura bestehen sowie die Verankerung der tragenden Holzstrukturen auf den Giebelseiten lassen darauf schließen, dass das Dach auch ursprünglich die Form eines Halbwalmes gehabt hatte. Dies lässt den weiteren Schluss zu, dass das Dach zu Beginn wohl mit Stroh gedeckt war, da sich diese Dachform aufgrund der besonderen Firstgrate im Gegensatz zum in der Oberpfalz eindeutig vorherrschenden und gerade für diese Gegend typischen Satteldach damals ideal für eine Strohbedeckung eignete. Ergänzt wird diese Vermutung durch die Lage des Hauses am östlichen Rand des Oberpfälzer Bruchschollenlandes und damit am westlichen Rand der so genannten Oberpfälzer Strohdachregion, so dass wohl auch tatsächlich von einer Strohdeckung und nicht von einer Deckung mit damals ebenfalls verbreiteten Scharschindeln auszugehen ist. Im Gegensatz hierzu weisen die nachträglich angebauten Stallungen bereits ein gewöhnliches ziegelgedecktes Satteldach auf. Auffällig ist hier jedoch , dass es sich nicht um ein für die Oberpfalz typisches steiles Satteldach mit bündig mit den Giebelmauern abschließender Ziegeldeckung handelt. Dies könne allerdings auch auf die vollständige Holzkonstruktion des Stalles zurückzuführen sein, da sich das Oberpfälzer Satteldach in aller Regel bei so genannten Bänderbauten findet. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Dachüberstand erst im Rahmen der Neueindeckung des Stallgebäudes geschaffen wurde.

Aus bautechnischer Sicht ist wohl noch der Befund zu erwähnen, dass sämtliche der ursprünglichen Balken des Hauses, die so genannten „Rußbäume“ - so genannt, weil sich aufgrund des fehlenden Kamins der Ruß der Rauchkuchl am Holz ablagerte - handbehauen und sämtliche verwendeten Nägel handgeschmiedet sind. Auch die Schalung des Fehlbodens (quasi die Konterlattung der Geschossdecke) ist beilbehauen. Dies lässt erahnen, dass die Bausubstanz aus der Zeit vor Mitte des 18. Jahrhunderts stammen könnte. Es ist davon auszugehen, dass auch die Verwendung handgeschmiedeter Nägel wesentliche Aufschlüsse über das Alter des Hauses liefern kann. Gerade im Ort Pielenhofen ist nämlich seit dem 15. Jahrhundert die Existenz eines Hammerwerkes belegt. Ob und inwieweit hieraus weitere Schlüsse für eine Datierung der Errichtung des Hauses gezogen werden können, bedarf jedoch noch näherer Untersuchung.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Kombination aus Halbwalmdach mit angrenzendem Satteldach wohl unter teilweiser Änderung des Satteldaches des Stalles – hälftige Drehung des Westteils um 90° – um eine weitere Quereinschiffung ergänzt, welche die beiden Bauteile Haus und Stall nunmehr in architektonisch interessanter Weise auch im Dachgeschoss verbinden sollte. Insoweit herrscht allerdings noch erhebliche Ungewissheit, denn auch die exakt konträre These, dass diese doppelte Einschiffung seit jeher bestanden hat, lässt sich gut vertreten. Leider ließ sich aufgrund der völlig maroden Substanz der Holzteile des Stalles dieser selbst nicht zu vertretbaren Kosten retten, so dass wir uns auf eine Neuerrichtung innerhalb der damaligen Maßverhältnisse unter möglichst weitgehender Beibehaltung der ursprünglichen Gestaltung beschränkten mussten. Damit stellt ein Teil unserer Altbausanierung in der Tat (leider) auch einen Neubau dar. Wenigstens finden jedoch die Bruchsteine der Nordwand weiter Verwendung in unseren Gartenmauern.

[Ein schlichtes Fachwerk im Westteil des Hauses trug das Halbwalmdach]

Ein Auszug aus dem bayerischen Urkataster, welches für den Ort Pielenhofen (damals „Klosterdorf Pillenhofen“) im Jahre 1832 angelegt wurde, zeigt weiter, dass neben dem Haus - damals Haus Nr. 15 - auch bereits ein Stallgebäude in etwa der jetzigen Form, jedoch mit der Längenabmessung des Hauses und einer bemerkenswerten „Ausbeulung“ an der Westseite, seit mindestens dieser Zeit bestanden haben muss. An der Stelle, wo heute das Pfahlhaus steht, ist sogar bereits damals ein Bewirtschaftungsgebäude nachgewiesen (grünes Rechteck oben rechts). Ein Kupferstich von Pielenhofen aus dem Jahre 1805 zeigt das Haus ebenfalls, jedoch ohne Stallungen, wobei dies auch auf die Perspektive bzw. den Detaillierungsgrad der auf die Klosteransicht konzentrierten Darstellung zurückzuführen sein könnte. Ob die angrenzenden Stallungen nun schon weit vor 1832 bestanden haben kann letztlich offen bleiben, da bereits diese frühe Existenz dieses enormen Nebengebäudes deswegen erstaunt, weil in der Oberpfalz die Anlage größerer Stallungen im wesentlichen eine Angelegenheit des 20. Jahrhunderts war.

[Ausschnitt aus dem Urkataster für Pillenhofen, 1832 (Dorfansicht links, Hausdetail rechts)]

Besonderheiten in der Mauer- und Deckenkonstruktion lassen erkennen, dass ein Teil des Hauses – das heutige Esszimmer, die Gästetoilette und der Technikraum – zu früheren Zeiten als Kleintierställe genutzt und aufgrund der bis vor relativ kurzer Zeit auf dem Anwesen dominierenden Landwirtschaft erst sehr spät, nämlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu Wohnraum umfunktioniert wurden (die dadurch möglichen Belastungen des Mauerwerks mit Nitrit und Ammoniak sind noch zu untersuchen). Ein Blick auf den Bestandsplan zeigt deutlich, dass damit bis in die jüngste Zeit das alte bäuerliche Prinzip der „Halbscheid“, d. h. der hälftigen Teilung des zur Verfügung stehenden Raumes in Wohnung für Mensch und Tier – getrennt durch die so genannte Tenne (d. h. Diele) – verwirklicht war. Unterstrichen wird die Vermutung hinsichtlich der spätmittelalterlichen Erbauung des Hauses schließlich durch die Sicherung der vor und während der Bauphase erfolgten Funde.

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